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fließende, rote Farbpfütze
nasse Bilder auf einer Wiese trocknend

KUNST UND FARBHERSTELLUNG
 

Ich will meine Werke weder beschreiben noch erklären, sondern Neues erschließen, schaffen und die Welt wie auch mich selbst begreifen.


Ich ergreife Bilder, indem ich ergriffen bin, denn Kunst kann man nicht erklären.

Die Kunst lebt zwar von der Diskussion über sich, jedoch muss sie sich immer selbst erklären. 

Dies geht nur auf einerlei Weise: in der direkten Erfahrung.


In dieser Erfahrung steht mein Werk, da das Nicht-Verstehen, das Nicht-Begreifen, wohl aber das Konkret-Erlebende, der Kunst höchstes Gut ist.

Anne Leubner Frontalansicht im Halbprofil in der Natur
Anne Leubner auf einem Baumstumpf
DSC_2396.JPG

Naturfarbstoffe

dunkelrote Farbpfütze, fließend

​Die Betrachtung des Werkes vollzieht sich auf zweierlei Wege: Die Konfrontation mit dem Werk als eigenständiges Gegenüber und die Konfrontation mit dem eigenem Ich im Anschauungserlebnis. Jenes Anschauungserlebnis beschreibt sich mit dem Prozess der Doppelüberschreitung(1). Dabei wird das sinnlich Dargestellte sowie das sinnliche Wahrnehmungsvermögen überstiegen. Ein eigener, ein neuer Raum entsteht, in dem sich das Subjektive wie auch Objektive und das eigene Erleben wie auch das Material um sich selbst erweitert. Im Prozess dieser Erweiterung weist das Werk sowohl in sich selbst hinein als auch aus sich selbst heraus. Betrachten wir zuerst die Art und Weise des In-sich-hinein-Weisens, sehen wir uns mit dem Eigenleben der Oberfläche, den Eigenschaften und spezifischen Qualitäten des Materials konfrontiert. Es geht nicht um jene Art von Gestik, die im Selbstausdruck des Künstlers beschrieben ist, sondern um die unvoreingenommene Gestik des Materials in der Flexibilität der Farbe. Im wässrigen Zustand erlangt diese ihren höchsten Ausdruck, da Material und Farbe hier selbstbestimmend sind. Die eigene Herstellung der Farbe aus Naturfarbstoffen erfasst den Ursprung jener Gestik und ihre Weiterentwicklung. Die verschiedenen, noch nicht gekannten Qualitäten werden geschaffen, herausgearbeitet und helfen mir zu begreifen und zu erfahren. Es ist das direkte Erleben im Moment und dessen Wachstum. Es gibt weder Vergangenheit noch Zukunft, nur den Moment mit dessen Erinnerungen und dem inneren Empfinden dem Werk wie sich selbst gegenüber. Das Momenthafte spiegelt sich auch im Material und dem Prozess selbst wider. Die natürlichen Farbstoffe sind nicht lichtecht und somit vergänglich. Form und Farbe mit ihren Konsistenzen verändern sich im Schaffensprozess ohne die Beeinflussung des Künstlers stetig, welcher demnach selbst nur Vermittlerinstanz ist. Ebenso steht die Natur im Spiegel der Veränderung. Das Durchstreifen von ihr ist vom Wandel der Eindrücke, der Bilder und Wahrnehmung geprägt. Von einem Moment zum nächsten verändert sich Genanntes und wird nur mittels der Fotografie und dem direkt Erfahrenden, dem sehenden Sehenden fassbar und zugänglich. Es ist also ein Wechselspiel von Aktion und Reaktion, von Tatsächlichem und dessen Wirkung. Die Faszination im absoluten Moment gegenüber dem Material, der Oberfläche in deren Stofflichkeit und Ausstrahlung entsteht, womit der Einwand Mc Luhans „Das Medium selbst ist die Kunst“(2) zum Tragen kommt. Dabei erinnert die Wirkung des Werkes an die frühen Bilder Rothkos oder Richters, grenzt sich jedoch zugleich davon ab, da es weder um die Farbe und ihre transzendentale Wirkung noch um das Motiv mit dessen Zwischenraum geht. Die Qualität des Materials an sich steht im Mittelpunkt der Betrachtung und des Erlebens. Das Werk erfasst, ergreift und macht etwas mit seinem Gegenüber, dem eigenem Ich. So wie es in sich hinein weist, weist es auch aus sich heraus. Demzufolge erstreckt sich die Art und Weise dieses Aus-sich-heraus-Weisens, indem sich parallel zur Materialerfahrung das eigene Selbst im Anschauungserlebnis selbst erfährt, da es untrennbar mit dem Prozess verbunden ist. Was in der Auseinandersetzung mit dem Material passiert, passiert unweigerlich mit mir selbst. Ein Spiel von Irritation und Faszination, Eintauchen und Heraustreten vollzieht sich. Im gleichzeitigen Bei-sich-Sein und Beim-Werk-Sein entsteht eine Art absoluter Seinszustand, Selbstvergessenheit und doch Ganzheitlichkeit in der Begegnung von zwei Gegenüber in deren Beschaffenheit. Dieses Dasein in Tiefen, Schichten, Variationen und Momenten auf zweierlei Ebenen kann mit dem Prinzip der inneren Notwendigkeit nach Kandinsky(3) beschrieben werden, welches Kontakt und Berührung jener Ebenen beinhaltet. Demnach geht es um die Wechselseitigkeit der Beziehung zwischen Werk und Betrachter, eng gefolgt von der Konfrontation mit dem scheinbar leeren Raum, dem Warten, dem Zufall, dem Nichts-Tun und doch Alles-Tun: nämlich in der Beziehung selbst anwesend zu sein. Im freien Fließen- und Loslassen ist die eigene Struktur und Halterfahrung gefragt. Nur so entsteht in der Begegnung mit der Leinwand, dem Material und dem Prozess die Konfrontation mit dem eigenen Ich in Form einer Ich-Erfahrung, wie sie von den Zips Newmans bekannt ist. Das schwierigste dabei ist, wie Abramović(4) einst sagte, das Nichts tun und trotzdem mit Körper und Geist hundertprozentig anwesend zu sein. 1 Wang, C.-Y. (1998). Der Sprung in die Leere ostasiatischer Malerei. Gelnhausen: Triga 2 McLuhan, M. (1964/94). Die magischen Kanäle. Understanding Media. Düsseldorf & Wien: ECON/Basel: Kunst Dresden 3 Kandinsky, W. (1952). Über das Geistige in der Kunst. Bern-Bümpliz: Benteli 4 Louisiana Chanel (2013). Marina Abramovic: Advice to the young. http://www.youtube.com/watch?v=8Ck2q3YgRlY

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